Segeln um Westeuropa

Die Balearen

Es ist der 1.8.19. Frank ist heute früh mit Tochter Charlotte angereist, um mit uns von Sardinien nach Mallorca zu segeln. Wir haben uns schon sehr auf die beiden gefreut und für abends einen Tisch in einem empfohlenen Restaurant in Carloforte reserviert.
Nach einem gemeinsamen Frühstück und dem allmorgendlichen Check der Wetterinformationen beschlossen wir noch nachts nach dem Abendessen in Richtung Balearen zu starten. Es hatte sich Segelwind angesagt und den wollten wir nutzen.

Nachdem wir uns bestens gestärkt hatten, machten wir also um 22:30Uhr die Leinen los und fuhren, da Neumond in eine rabenschwarze Nacht. Es war etwas gruselig, als plötzlich ein Motorboot, dessen Lichter kaum zu erkennen waren, mit 17kn Fahrt (lt. AIS-Signal) unseren Kurs kreuzte.
Der Wind war in der ersten Nacht nicht der Rede wert, kam aber am nächsten Morgen wie erwartet mit 15-18kn von Norden, also von der Seite. Ein tolles Segeln, allerdings auch ein kurzer hackiger Seegang. Die Wellen setzten besonders der weiblichen Crew zu. Frank und mir blieb das erspart. Muss wohl am Adrenalinpegel gelegen haben.

In Mahon, dem nach Pearl Harbor größten Naturhafen der Welt, machten wir um 15:30Uhr fest.

Am nächsten Tag ging es weiter in Richtung Nordosten um die Insel in eine kleine Ankerbucht, in der man nicht nur sicher lag, sondern auch prima baden konnte.
Am Tag darauf wollten wir eigentlich in den Puerto de la Ciudadela, aber da hatte man keinen Platz für uns. Eine Erfahrung, die wir auf den Balearen noch öfter machen sollten. Wenigstens tanken konnten wir dort.

Glücklicherweise gab es eine sehr schöne Ankerbucht quasi um die Ecke, in der wir vor Anker mit einer Heckleine zum Ufer sicher ankern konnten.

Puerto de Ciudadela
In der Cala Santandria vor Anker.


Der nächste Tag toppte dann alles. Mit gutem Segelwind ging es an der felsigen Nordseite Mallorcas entlang (die alleine ist schon spektakulär) zu einer traumhaften Ankerbucht, der Cala de Sal Calobra. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Die hohen Felsen öffneten sich zu einer fjordähnlichen Bucht mit glasklarem türkisgrünem Wasser. Im hinteren Teil gab es zwischen den Felsen eine Lücke, Platz für einen Strand. Dahinter ein Talkessel mit einem kleinen See und Pinien unter denen ein paar Ziegen Schutz vor der Sonne suchten. Idylle pur, wenn die vielen anderen Boote nicht wären. Ankern ging nur in 12m Wassertiefe und mit einer Heckleine zum Felsen bzw. zu einem passenden Felsvorsprung, um den wir die Leine festmachen konnten. Eine Aufgabe, die Frank bravourös erledigte.


Hier macht Baden und Schnorcheln Spaß.

Hinter dem Strand.

Abends schlemmen mit Blick auf die ankenden Boote, einfach schön. Andratx hat was. Eine schöne Promenade, hübsche Häuser und Geschäfte und Leben. Wo es schön ist, ist es immer voll. Hier aber auf angenehme Art.

Leider ging für Frank und Lotti die gemeinsame Segelzeit mit uns zu Ende. Übermorgen geht ihr Flieger zurück nach Hause. Also am nächsten Tag weiter in Richtung Palma.

Für einen Badestopp vor dem Hafen ist noch Zeit.
Ballermann. Viele junge Leute, viel Alkohol. Es gibt Schöneres...
...zum Beispiel eine kühle Sangria in einer Bar in Palma....
...oder endlich mal die typischen Tapas.


Wenn einmal der Anker fest ist, ist ankern eine feine Sache. Man schwoit mit den anderen Booten im Wind und liegt sicher in der Bucht. Wenn.. Bei einem französischen Motorboot hielt, wie wir nachts feststellten, der Anker nicht. Die Besatzung war nicht an Bord und das Boot trieb auf unseren Bug zu. Alle Leute um uns herum beobachteten das Schauspiel mit Scheinwerfern in der Hand. Ich mühte mich, das Boot von unserem Bug wegzudrücken, als ein hilfreicher Engländer mit dem Schlauchboot kam und das Motorboot in freieres Wasser schob. Aufgeschreckt durch das Spektakel und die vielen Scheinwerfer tuckerte dann auch gemütlich die Motorbootcrew mit einem kleinen Beiboot heran. Allerdings tiefenentspannt. Der nette Engländer übernahm das Kommando. "Ihr Boot hätte unseres gerammt." "Ach so??". "Sie müssen 25m Kette geben und den Anker neu einfahren." " So viel??" "25m!!"
Nach einiger Zeit beruhigte sich  alles wieder. Der Franzose lag ungefährlich vor Anker. Man konnte wieder schlafen gehen.
Am nächsten Tag war die Motorbootcrew wieder auf Landgang. Das Boot schwoite gegen ein kleines Segelboot in der Nähe und schrammte unentwegt gegen dessen Bordwand. Manche lernen es nie...

Ankunft auf Ibiza. Die Marina Santa Eulalia.

Nach 2 Ausruhtagen ging es weiter in eine Ankerbucht auf der Nordseite der Insel, die Cala Xancarra. Sehr hübsch und geschützt vor dem NO-Wind. Das Ankern war wegen der ausgedehnten Posidonia-Felder und einem Unterwasserfelsen in der Mitte der Bucht nicht ganz einfach, aber es ging, der Anker hielt.

In der Cala Xancarra.
Santa Eulalia, die Bucht....
….die Promenade....

Nachdem sich der Mistral verzogen hatte, wollte ich gern vor dem Ansprung nach Denia die Insel Formentera besuchen, die von Ibiza im Süden nur durch eine schmale Passage getrennt ist. Dabei habe ich aber die Rechnung ohne den autobahnartigen Schiffsverkehr entlang der Küste und ohne die gefühlt 500 Boote gemacht, die dort ankerten. Ein Ankerplatz für uns? Keine Chance. Also wieder zurück an die Südküste von Ibiza in die Bucht Ses Salines.  Dort gab es genug freie Ankerbojen, allerdings keine für uns, wir hatten ja nicht reserviert. Aber ankern konnte man, wenn auch unter strengster Beachtung des Posidoniaschutzes. Wir ließen den Anker vorschriftsmäßig über Sandboden fallen. Alles richtig, dachten wir. Dann kam aber eine Dame von der Posidonia-Polizei, die alles überprüfte. Sie schaute tatsächlich mit einem großen Gucktrichter auf Anker und Ankerkette und verkündete dann: Das geht so nicht! Der Anker war zwar im Sand eigegraben, das war o.k., aber die Ankerkette verlief an einer Stelle über Neptungras. Also Anker auf, eine neue Stelle suchen und Anker einfahren. Danach hatten wir endlich unsere Ruhe.
Na ja, bis auf den Schwell, den die vorbeifahrenden Schnellfähren erzeugen. Mal sehen, ob wir heute ein Auge zu bekommen.

Die Posidonia-Polizei beim Aufmischen der Ankerer.

Im Morgengrauen ging es nach einer entspannten Nacht vor Anker weiter mit Kurs West. Mit moderatem Nordwind segelten wir gemütlich dem Festland entgegen. Nach 11 Stunden kam Denia in Sicht. Der Hafen, den wir am 8.6.18 schon einmal besucht hatten. In der Marina El Portet bekamen wir nach telefonischer Anmeldung einen Platz. Die 5-Insel-Rundreise im Mittelmeer war zu Ende.

Marina El Portet Denia.

Nach unserer Ankunft in Mahon /Menorca war der allerdings vorbei. Ich lief den ganzen Tag wie benommen umher...

Geschafft...
Frank hat alles im Griff....
und Lotti freut sich.


Am 7.8. ging es weiter nach Mallorca.
Nach den Erfahrungen in Ciudadela hatte ich in der Marina Belair angerufen und tatsächlich einen Liegeplatz reservieren können.
Dort wurden wir nett empfangen und bekamen einen Platz im hinteren Hafenteil. Sehr ruhig aber auch sehr heiß, weil im Windschatten der Hafenmauer.

Belair
 
Die Traumbucht vom Strand aus.
Hält der Anker?


Nach einer entspannten Nacht und dem morgendlichen Bad (na klar) ging es weiter die Küste entlang gen Westen. Im nächsten Hafen Andratx gab es zwar keinen Liegeplatz für uns, aber ich konnte eine Ankerboje für eine Nacht ergattern. Also das Dingi zu Wasser und den Aussenborder anschrauben. Alleine eine wacklige Angelegenheit (ich brauche unbedingt einen Davit dafür) aber ich hatte ja Frank als Hilfe. Abends ging es an Land und ins Restaurant.

Palma de Mallorca, die Marina Saint Arenal.


Am 10.8. mussten wir uns leider in aller Frühe von Frank und Lotti verabschieden. 
Wir nutzten den Tag, um uns ein wenig Palma anzusehen. Mit dem Bus konnten wir vom Hafen bequem in die Innenstadt fahren. Schöne Jugendstilhäuser, kleine Parks, natürlich die berühmte Kathedrale und der Yachthafen, in dem Boote unter 50ft höchstens als Lückenfüller geduldet werden.


Wie geht es weiter? Wir haben uns Mitte September mit meiner Schwester und Partner in der Nähe von Barcelona verabredet. Wir müssen weiter nach Ibiza um den Termin auch bei widrigen Wetterbedingungen halten zu können. In Ibiza / Formentera gibt es nur 4 Häfen, die allesamt nicht nur schweineteuer (auf Formentera 235€/Nacht für unser Boot) sondern auch noch ausgebucht sind. Aber es gibt zum Glück genug Ankerbuchten. Schau'n wir mal. Wir beschließen, wieder nach Andratx an die Boje zu gehen und auf passenden Wind für die Überfahrt zu warten. Andratx winkte aber ab. Keine Mooringboje frei. Gut, also ankern. Die Cala de Santa Ponça schien für die Ostwindlage und den sich ankündigenden Mistral gut geschützt zu sein. Also Leinen los und hin. Dort mussten wir feststellen, dass ca. 100 Boote dieselbe Idee hatten. Alles dümpelte munter durcheinander und wir suchten verzweifelt einen Platz. Lücken gab es zwar, aber dort war, wie es schien, der Boden mit Neptungras (Posidonia) bewachsen und in dem ist ankern strengstens verboten. Das nimmt man hier sehr ernst.
Da der Wind für Wellen sorgte, konnten wir allerdings den Seeboden nicht genau sehen. Ein Dilemma. Wir fanden schließlich einen Ankerplatz inmitten anderer ankernden Boote und hofften, dass die richtig nachgeguckt hatten. War dann zum Glück auch so.

Die Cala de Santa Ponça.
Nächtliche Kollision mit einem treibenden Motorboot.


Am 15.08.19 standen wir früh auf. Unser Ziel war die Marina Santa Eulalia auf Ibiza. Ich hatte dort einen Liegeplatz reservieren können (großes Glück im August), als sich ein Wetterfenster für die Überfahrt abzeichnete. Ein Riesenproblem auf den Balearen. Man sollte eine Woche vorher einen Platz im Hafen oder eine Boje reservieren, um nicht abgewiesen zu werden. Mit einem großen Motorboot mag das ja alles gehen, aber mit unserem kleinen Segelboot sind wir an Wind und Wellen gebunden, da freut man sich, wenn die Wetterprognosen von einem Tag auf den anderen halbwegs stimmen. Wie also langfristig planen??
Egal, hier hatte es auch kurzfristig geklappt und nach einem 10-stündigen Segeltörn, mal mit, mal ohne Motor, machten wir gegen 16:00Uhr in der Marina Santa Eulalia fest. Eine schöne und gepflegte Marina, die uns sofort gefiel. Der Preis von 125,00€/Nacht weniger, aber Ibiza ist eben teuer...
Dafür gab es gleich 2 Yachtausrüster, einen Supermarkt im Hafen und sehr gute Restaurants.


Nach 3 Tagen in der Cale Xancarra wollten, nein mussten wir wieder weiter. Es hatte sich Mistral angesagt und der sorgt in allen Ankerbuchten im Norden und Westen für heftigen Schwell. Ich hatte im Porto St. Antoni einen Liegeplatz beantragt und eine Mail folgenden Inhalts bekommen:

Dear Christian,
Congratulations! your reservation for % has been confirmed
Club Nàutic Sant Antoni

Hurra, ich habe im Lotto gewonnen und man gratuliert mir dazu!!! Die 130€/Tag will man natürlich trotzdem haben, klar. Dumm nur, dass sich die Wetterprognosen inzwischen geändert hatten und ich den Termin gerne um einen Tag verschieben wollte (musste). Und das ging natürlich gar nicht. 
Also was tun? Ankern bei 30kn Wind und Schwell? Lieber nicht. Ein anderer Hafen? Auf Formentera hätte ich vielleicht einen Platz bekommen, aber 235,00€/Nacht war dann doch zu heftig. Also ein Anruf in der Marina Santa Eulalia, dort kamen wir gerade her, dort erinnerte man sich an uns. Ja, wir könnten tatsächlich für die nächsten 2 Tage einen Platz bekommen. Wir waren gerettet.
Die letzte Nacht vor Anker war dann allerdings noch der Horror. Der Mistral / Tramontana schickte seine Vorboten an die Küste. Seegang aus dem Nichts, der immer stärker wurde. Ohne stabilisierenden Wind eine Tortur. Wir haben, von einer kurzen Ohnmacht gegen Morgen abgesehen, kaum geschlafen.

….und der Wassergeist...
Eine gestrandete Yacht in der Cala Ses Salines.
Manchmal kann es also gefährlich werden.
Tschüß Balearen!!

 


Fazit? Die Balearen gehören sicher zu den schönsten Inseln im Mittelmeer. Herrliche Ankerbuchten mit kristallklarem Wasser, schöne und saubere Marinas, sehenswerte Orte mit schönen Promenaden, Fußgängerzonen und Plätzen.
Aber: zu überlaufen, zu heiß und zu teuer. Liegeplätze wenn überhaupt nur mit langer Voranmeldung, in den Buchten ist Ankern wegen der Posidonia oft eine Herausforderung und die immer mehr werdenden Motorboote sorgen für Lärm und Schwell. Wir waren wohl zur falschen Zeit hier.

In der Einfahrt von Denia die nächste Havarie. Diesmal eine Fähre.
Hoch auf dem Felsen: Castillo de Denia.